Hunde sind in der Pubertät für ihre Besitzer deutlich schwieriger zu kontrollieren und einzuschätzen. Zum einen, weil sie emotionaler reagieren, aber auch, weil sie auf den Menschen unkonzentriert und gereizt wirken. Warum Dein Hund vielleicht Veränderungen auf bekannte Reize zeigt und seine Emotionen viel leichter auslösbar sind, erfährst Du jetzt.
Die Amygdala wird aufgrund ihrer Form auch teilweise Mandelkern genannt und ist Teil des limbischen Systems. Die Amygdala macht… „irgendetwas mit Emotion“. Häufig wird sie mit Angst und Furchtkonditionierung in Verbindung gebracht. Das ist aber nicht alles. Nachweislich spielt sie auch am Erleben positiver Emotionen eine Rolle. Während der Pubertät vergrößert sich der Mandelkern Deines Hundes. Er reagiert empfindlicher und intensiver auf Reize aus seiner Umwelt. Die Entscheidungen, die in dieser Zeit von der Amygdala getroffen werden, fallen deutlich emotionaler aus und sind ein „guter“ Nährboden für Angst- und Aggressionsverhalten. In der Pubertät ist der Stresshormonspiegel am höchsten. Stresshormone sorgen dafür, dass u.a. Herzfrequenz und der Blutdruck ansteigen. Magen-Darm- und Blasenfunktion werden hingegen reduziert. Nach einer Stressreaktion erfolgt in der Regel eine Erholungsphase, in welcher die neuronalen und hormonellen Regelkreise wieder in Balance gerbacht werden. Findet diese nicht statt, also kommt es zu einer Unbewältigung der Stresssituation, führt dieses zur erhöhten Ausschüttung des Hormons Cortisol, welche auf lange Sicht das Immunsystem schwächt und das Lernverhalten beeinträchtigt. Was oft im Volksmund als „Grenzen testen“ bezeichnet wird, hat auch einen neurobiologischen Hintergrund. In der Großhirnrinde werden bewusste Vorgänge, kognitive Prozesse, planvolles Handeln oder aber auch die Ausführung von willkürlichen Bewegungen gesteuert. Vor allem Synapsen, also die Schaltstellen zwischen Nervenzellen, die zur Signalübertragung und Speicherung von Informationen dienen, werden in der Adoleszenz abgebaut. Das Hundegehirn verfügt dennoch über eine Vielzahl von Synapsen, denn bis zu der Pubertät gab es eine regelrechte Überprdouktion. Die Pubertät dient also dazu, den Kabelsalat im Gehirn Deines Hundes aufzuräumen. Der präfontale Cortex ist u.a. verantwortlich für höhere kognitive Prozesse unter Einbezug des individuellen emotionalen Zustands.
Auch wird er als Sitz des „Arbeitsspeichers“ bezeichnet und ist für bewusste Entscheidungen zuständig. Der präfrontale Cortex empfängt bereits verarbeitete Reize, sowie die aus dem Mandelkern stammende emotionale Bewertung. Daraufhin resultiert die nächste Reaktion. Während der Junghundeentwicklung ist dieser Bereich tatsächlich wegen Umbaumaßnahmen geschlossen und reift erst später aus. Das ist auch der Grund dafür, warum so viele pubertierende Hunde „Probleme“ mit Ihrer Impulskontrolle und Frustrationstoleranz haben. Ist Dir vielleicht auch aufgefallen, dass Du Dich in der Pubertät mit hochpotenten Verstärkern wie Leberwurst, Fleischwurst oder einer Schlecktube bewaffnen musst? In dieser Entwicklungsphase verändert sich die Rezeptorendichte für Dopamin. Der Hund macht die Erfahrung, dass selbstbelohnendes Verhalten absolut lohnend ist und somit bekommt sie einen größeren Stellenwert. Das ist auch der Grund dafür, warum es Deinem Hund in dieser Zeit vielleicht schwerer fällt, sich von für ihn lohnenswerten Dingen abzulassen.
Irgendwie doch alles ein wenig komplizierter als nur „Grenzen testen“ oder wilde „Dominanz-/Rangordnungsideen“… 🙂
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